Im 19. Jahrhundert strebten die europäischen Großmächte wie auch die USA nach der Errichtung von Kolonien, um den enormen Rohstoffbedarf zu decken, den die Industrialisierung mit sich brachte, und das Prestige des eigenen Landes zu heben. Die Folge war ein regelrechtes Wettrennen um die letzten „weißen Flecken“ auf der Landkarte, wodurch es zu zahlreichen Konflikten kam, die letztlich zum Ersten Weltkrieg führten. Das Deutsche Reich war 1871 gegründet worden und beteiligte sich erst seit den späten 1880er Jahren am imperialen Wettstreit.

 

Die Kirchen sahen sich in der Pflicht, die indigenen Völker der neuen Kolonien zu missionieren. Gleich mehrere Orden gründeten sich zu diesem Zweck, darunter auch 1854 der Orden der „Missionare vom heiligsten Herzen Jesu“ in Issoudun in Frankreich. 1881 erhielt er von Papst Leo XIII. den Auftrag zur Mission in Papua-Neuguinea, dessen nordöstlicher Teil als „Kaiser-Wilhelm-Land“ in deutschem Besitz war. Die Regierungen der Mutterländer unterstützten die Missionsorden, weil sie sich von einer Erziehung und Ausbildung der indigenen Bevölkerung nach christlichen und westeuropäischen Maßstäben „nützliche“ Untertanen versprachen, die zum Arbeiten und zur Kolonialverwaltung herangezogen werden konnten. 1896 trat die deutsche Reichsregierung auf den Herz-Jesu-Orden zu, weil sie für ihr Kolonialgebiet in Neuguinea und weitere Kolonien ausschließlich deutsche Missionare wünschte. Dazu sollte eine Ordensniederlassung auf deutschem Boden errichtet werden.

 

Der Standort sollte im Bistum Münster liegen, weil die dort etablierten Verbindungen zur Mission  ihre Professionalisierung und theoretische Fundierung begünstigten. In Münster selbst war Bauland aber bereits knapp und teuer. Die Wahl fiel stattdessen auf Hiltrup, weil Konsul Schencking, Förderer des kleinen Ortes mit Beziehungen ins Kaiserhaus, ein Grundstück mit guter Verkehrsanbindung günstig zur Verfügung stellte.

 

Innerhalb eines Jahres wurde das Missionshaus mit Internatsschule an der Hammer Straße (heute Westfalenstraße) errichtet. Mit der Leitung der Einrichtung beauftragte man den niederländischen Pater Hubert Linckens. 1899 entstand etwas weiter nördlich an der Hammer Straße das Ordenshaus der „Missionsschwestern vom Heiligsten Herzen Jesu“ als weiblicher Ableger des Ordens.

 

Im Ersten Weltkrieg diente das Missionshaus als Lazarett für Kriegsversehrte. Trotz des Verlustes sämtlicher Kolonien nach dem Ersten Weltkrieg blieben die Ordensbrüder in Hiltrup. 1941 wurde das Gebäude von den Nationalsozialisten für den Reichsarbeitsdienst beschlagnahmt. 1946 kehrten die Ordensbrüder zurück und eröffneten im Missionshaus die „Kardinal-von Galen-Schule“. Weil das Gebäude aber nur bedingt für eine moderne Schule geeignet war, begann man ab 1955 mit der Errichtung von Erweiterungsbauten. 1975 trat der Orden die Trägerschaft der Schule an das Bistum Münster ab, in der das Gymnasium noch heute ist. Im gleichen Jahr wurde ein neues Ordenshaus am Klosterwald fertiggestellt, sodass die Patres das Missionshaus aufgaben. Bereits 1973 war es zunächst an das Land NRW, später an die Gemeinde Hiltrup verkauft worden. In den folgenden Jahren beherbergte es die Polizeiführungsakademie, bis diese 1983 in einen auf ehemaligem Ordensgelände errichteten Neubau umsiedelte. 1984 erwarb ein Privatinvestor das Gebäude und baute es zu einem Studentenwohnheim um. 

 

Weltweite Bekanntheit unter Ethnologen erlangten die Bestände des 1897 errichtete Hiltruper Missionsmuseums. 1971 wurden sie an einen Privatsammler verkauft und seitdem durch Weiterverkauf verstreut. Heute befinden sich Teile der ehemaligen Hiltruper Sammlung u. a. im Metropolitan Museum of Art in New York (37 Objekte).

Routenvorschläge für die Besichtigung der Stelen: https://geo.stadt-muenster.de/rundgang_48165/

Ein Flyer mit einer Übersicht über alle Informationsstelen und einer Karte mit den Routenvorschlägen ist im Infopunkt Hiltrup (Marktallee 38), im Hiltruper Museum (Zur Alten Feuerwache 26) sowie an weiteren Stellen in Hiltrup erhältlich.

 

Kontakt:

STADTTEIL Offensive Hiltrup e. V.
Marktallee 38
48165 Münster

Tel: 0 25 01/9 71 28 95
info@stadtteiloffensive.de
www.stadtteiloffensive.de

Hiltruper Museum e. V.
Zur Alten Feuerwache 26
48165 Münster

Tel: 0 25 01/12 05
info@hiltruper-museum.de
www.hiltruper-museum.de

Das Kloster während der Bauzeit (1896).

Das Kloster während der Bauzeit (1896).

Ansicht aus Nord-Westen nach der Fertigstellung

Ansicht aus Nord-Westen nach der Fertigstellung

Die Turnhalle der Internatsschule.

Die Turnhalle der Internatsschule.

Eingang von der Hammer Straße (heute Westfalenstraße) aus (ca. 1930).

Eingang von der Hammer Straße (heute Westfalenstraße) aus (ca. 1930).