Bis zum Beginn des 20. Jahrhundert befand sich das Zentrum Hiltrups und der katholischen Kirchengemeinde rund um die Kirche Alt St. Clemens. Unweit von der im 12. Jahrhundert erbauten romanischen Kirche befand sich auch der Pfarrhof auf dem der Pfarrer der Clemens-Gemeinde lebte. Durch das rasche Wachstum Hiltrups infolge des Zuzugs vieler Menschen für die Arbeit in den neuen Industrieansiedlungen an Bahnlinie und Kanal war Alt St. Clemens mit seinen maximal 120 Plätzen zu klein für die Gemeinde mit 1.600 Katholiken (1912) geworden. 1912/13 wurde deshalb die neue Pfarrkirche an der Hohen Geest erbaut. Im Kriegsjahr 1915 folgte die Fertigstellung und Einsegnung des Pfarrhauses auf der anderen Straßenseite. Dieses bezog Pfarrer Franz Unckel, dessen Name aufgrund seiner Verdienste rund um den Bau der neuen Pfarrkirche die Unckelstraße in Hiltrup-Mitte trägt.

Das Pastorat östlich der Kirche wurde nahe dem Kreuzungspunkt des mittelalterlichen Hellwegs Hohe Geest mit dem Weg Wolbeck - Amelsbüren (heutige Marktallee) gebaut. Weithin sichtbar war der zweigeschossige Backsteinbau aus Hiltruper Ziegeln mit Krüppelwalmdach und Zwerchhaus umgeben von freien Feldern. Die Außenseiten sind sparsam gegliedert mittels gequarderter Lisenen. Die Architektur spiegelte die Abkehr vom Jugendstil und die Hinwendung zu sachlichen Formen wieder. Münsterländischer Fachwerkbau klingt in den Giebeln und dem leicht vorgesetzten Anbau an. Am Giebel des Zwerchhauses steht in einer Nische eine Sandsteinfigur auf einer Konsole: Christus erhebt segnend seine Hand. Diese zur Kirche weisende Figur bestimmt das Haus: Hier wohnt der Pastor, der als Hirte über seine Gläubigen wacht. Im Innern befand sich hinter dieser Wand das Arbeitszimmer des Priesters. Flächige Ornamente in den Giebelzwickeln unterstreichen die Würde dieses Hauses. Der südlich angebaute Wintergarten, mit seinen im Jugendstil fein gestalteten Sprossenfenstern, gilt in Fachkreisen als einer der am schönsten gestalteten in Münster. Über der Haustür befindet sich ein Rundbogen. In seinem Tympanon weisen Kelch, Kreuz und Weinlaub auf priesterliches Wirken hin. Sie sind begrenzt mit den Anfangs- und Endbuchstaben des griechischen Alphabetes Alpha und Omega als Zeichen für Anfang und Ende. Die Inschrift im Rundbogen bekennt: „Friede diesem Haus und seinen Bewohnern“.

Das Haus ist Ausdruck von Modernität und Selbstbewusstsein eines Pastors, wie er sich in seiner Zeit sah: Wichtigster Leiter einer Gemeinde, die der Lenkung und Überwachung bedarf, um zur ewigen Herrlichkeit zu gelangen. Dieses Amt erforderte Würde, auch im Amtssitz. Seit 1985 steht das vom Architekten Schämann gestaltete Pastorat aus architekturgeschichtlichen Gründen und als Ensemble mit der Clemenskirche unter Denkmalschutz. Die Kirchengemeinde verkaufte das Gebäude 1998 an Marie-Luise Kaven; heute ist es Sitz der Anwaltskanzlei Kaven.

Angelehnt an einen Artikel von Elisabeth Egger im Hiltruper Anzeiger aus dem Jahr 1999.

 

Routenvorschläge für die Besichtigung der Stelen: https://geo.stadt-muenster.de/rundgang_48165/

Ein Flyer mit einer Übersicht über alle Informationsstelen und einer Karte mit den Routenvorschlägen ist im Infopunkt Hiltrup (Marktallee 38), im Hiltruper Museum (Zur Alten Feuerwache 26) sowie an weiteren Stellen in Hiltrup erhältlich.

 

Kontakt:

STADTTEIL Offensive Hiltrup e. V.
Marktallee 38
48165 Münster

Tel: 0 25 01/9 71 28 95
info@stadtteiloffensive.de
www.stadtteiloffensive.de

Hiltruper Museum e. V.
Zur Alten Feuerwache 26
48165 Münster

Tel: 0 25 01/12 05
info@hiltruper-museum.de
www.hiltruper-museum.de

Bauzeichnung des Pfarrhauses (März 1913).

Bauzeichnung des Pfarrhauses (März 1913).

Das Pastorat links neben der Pfarrkirche (1975).

Das Pastorat links neben der Pfarrkirche (1975).